Trügerischer Sog

Coverfoto Trügerischer Sog
Copyright: randomhouse

von Alexandra Kui
Taschenbuch, 317 Seiten
cbj, 2020
ab 15 Jahren
ISBN: 978-3-570-16594-2
15,00 Euro

Seit Sara in ihre Klasse gekommen ist, herrscht Krieg. Sie ist die Königin der Intrigen, spielt mit ihren Mitschülern. Jeder kann der Nächste sein, gegen den sich ihre Grausamkeit wendet. Die meisten sind völlig zufrieden damit Namenslose zu sein. Unauffällig, unter dem Radar. Bloß nicht gegen Sara vorgehen, sonst wird man nur das nächste Opfer. Diese Taktik ist auch Kim mit seinem besten Freund Sverre immer gefahren.

Doch irgendwann wird der Klassenlehrerin, Frau Hoppe, der ewige Machtkampf mit Sara zuviel und sie beschließt die Reißleine zu ziehen. Das bedeutet in diesem Fall für die Klasse einen Monat auf Maroog. Auf der Nordseeinsel sollen sie abgeschnitten von Internet und jeglicher Zivilisation lernen, wieder miteinander auszukommen. Ihre Fehler finden, an sich wachsen, lernen zusammenzuhalten. Gemeinsam sollen sie einen alten Friedhof für Gestrandete wieder auf Vordermann bringen. Einen Friedhof der Namenslosen. Genauso pflegt Sara ihre Schule zu nennen – passend also.

Zu Beginn scheint der Plan von Frau Hoppe tatsächlich aufzugehen. Alle werden etwas ruhiger und beginnen wieder miteinander zu reden. Doch dann spitzt sich die Lage plötzlich zu. Die Namenslosen, ausgerechnet angeführt von dem sonst so ruhigen Kim, verschwören sich, um Saras Schreckensherrschaft ein für alle Mal zu beenden. Was mit kleinen Streichen beginnt, eskaliert schnell und mitten im aufziehenden Orkan lernen alle, wie viel Grausamkeit tatsächlich in ihnen steckt.

Ich denke, jeder der zur Schule gegangen ist, hat auf die eine oder andere Weise die Erfahrung gemacht, dass Jugendliche grausam sein können. Grade zur heutigen Zeit, in der es keine Kopfnoten mehr gibt und das Internet Mobbing nur noch mehr erleichtert, stoßen Lehrer schnell an ihre Grenzen, wenn es darum geht, dem Ganzen Einhalt zu gebieten.

Die Idee, die Kinder aus ihrem gewohnten Umfeld zu entfernen, ihnen den Zugang zum Internet zu verwehren und ihnen eine einfache und doch sinnvolle Aufgabe, wie das Instandsetzen des Friedhofs zu geben, wirkt da gar nicht so weit hergeholt. Das Leben auf Maroog ist sehr einfach und hat doch irgendwie etwas Tröstliches, was mich persönlich sehr in seinen Bann gezogen hat. Ohne das Internet und die tägliche Flut an Informationen, denen man sonst ausgesetzt ist, wirkt das Leben dort sehr entschleunigt und entspannt, obwohl es vermutlich körperlich um einiges härter ist. Besonders gut hat mir an dieser Geschichte jedoch gefallen, wie vermittelt wird, dass in jedem Menschen ein Abgrund lauert. Jeder von uns hat Wut und Dunkelheit in seinem Inneren. Entscheidend ist nur, ob wir ihr nachgeben.

Grade zu Beginn wirkt es so, als wäre Sara einfach durch und durch ein Miststück, doch nach und nach merkt man, dass viel mehr hinter ihr und ihrer Wut steckt. Auf der anderen Seite ist da Kim, der eher ruhig und sanftmütig ist, dann aber plötzlich zuviel bekommt und die Verschwörung gegen Sara ins Leben ruft. Und so ist es mit allen Schülern und auch die Lehrer bilden keine Ausnahme. Keiner von ihnen ist zu hundert Prozent böse, aber ebenso ist niemand absolut gut. Das ist meiner Meinung nach eine Tatsache die sich jeder, grade im Alltag, öfter vor Augen führen sollte. In den wenigsten Fällen kennen wir alle Beweggründe unserer Mitmenschen und sollten demnach auf vorschnelle Urteile verzichten, bevor sie uns zum Verhängnis werden.

 

Sky Opiolka, 20 Jahre

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert